Bild: KI-generiert

Künstliche Intelligenz

Auch in den 90er Jahren war künstliche Intelligenz (KI) immer wieder ein Thema. Beispielsweise wurde KI als Fach in manchen Hochschulen für das Informatik-Studium angeboten. Allerdings fokussierte man sich damals mehr auf Expertensysteme als auf neuronale Netze, obwohl diesbezüglich viele Algorithmen in mathematischer Form schon länger existierten. 
Ein Expertensystem ist ein Computerprogramm, das menschliches Expertenwissen in eine Wissensbasis überführt und Handlungsempfehlungen daraus ableitet. Dieses Vorgehen verlangt aber enorm viel Aufwand und Pflege, um Informationen sachkundig in das System einzupflegen.
Ich hatte mir damals von diesem Fach wesentlich mehr erwartet als gähnende Langeweile. 

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Erst einige Jahrzehnte später revolutionierte der im November 2022 in der Öffentlichkeit präsentierte Chatbot und Textgenerator ChatGPT den KI-Sektor neuronale Netze. Dies erreichte man mittels massiver Rechenleistung und gigantischen Trainingsdaten. ChatGPT-3 beispielsweise wurde mit 175 Milliarden Parametern trainiert.
ChatGPT löste einen KI-Boom aus, der bis heute anhält. 

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Um so gewaltige Mengen von Trainingsdaten zu erhalten, nutzt man öffentlich zugängliche Daten aus dem Internet, egal, ob es Bücher, Zeitungstexte, Artikel, Webseiten, Wikis, Dokumente, Blogs, Online-Foren, Social-Media-Posts, Datenbanken, Nachrichtenportalen oder Konversationen in verschiedenen Sprachen sind. Deshalb gab und gibt es auch einige rechtliche Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen. 

Da diese Quellen, mit dem ChatGPT quasi gefüttert wurden und auch sehr viele Meinungen von uns Menschen beinhalten, kam und kommt es immer wieder zu rassistischen, rechtsextremen und falschen Aussagen. Dies sollte man immer im Hinterkopf behalten, wenn man mit den aktuellen KI-Systemen interagiert, trotz vieler verschiedenster Daten-Vorarbeiten wie zum Beispiel mittels Tags, Validierungen, Nacharbeiten und Verbesserungen. 
Ebenso kann es zu sogenannten Halluzinationen kommen. Die KI erfindet  Informationen und begründet diese sogar mit generierten Falschinformationen. Deshalb sollte man bei wichtigen Themen noch einen Fakten-Check durchführen. Zwei Anwälte aus den USA haben dies versäumt und wurden zu einer Geldstrafe verurteilt, da ihr Schriftsatz erfundene Fälle und Zitate von ChatGPT enthielten. 

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe unterschiedlichster KI-Modelle von verschiedensten Firmen aus unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Größen. Da viele trainierte KI-Modelle als Open Source zur Verfügung stehen, lassen sich diverse Language Models auch auf eigenen Rechnern betreiben. 

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Wer schon einmal mit solch einer KI interagiert hat, wird mir bestimmt zustimmen, dass diese Technik ein enormes Potential darstellt, trotz einiger Defizite. Sie ist im Begriff, wieder unsere Welt zu verändern, wie dies zuvor schon durch Computer, Internet und soziale  Netze geschehen ist.
Gerade die sozialen Netzwerke werden mit KI-generiertem Material geradezu überschwemmt. Die Plattformen der kommerziell betriebenen sozialen Medien generieren ihre Einnahmen durch Werbung. Je länger sie den Nutzer zeitlich auf der Plattform hält, desto mehr Geld erhält die Betreiberfirma. Mit allen Mitteln wird versucht, den Besucher so lange wie möglich in den Bann zu ziehen. Dabei ist es den Betreibern (teilweise) völlig egal, ob es Falschinformationen sind. Durch Algorithmen werden für jeden Plattform-Besucher gezielt Inhalte präsentiert, um die maximale Aufmerksamkeit zu erhalten. Wir stecken dann in einer sogenannten Filterblase! 
Die uns quasi steuernden Algorithmen sind Geschäftsgeheimnisse und werden nicht preisgegeben. Die Gefahr für uns als Gesellschaft steckt in der Macht, bestimmte Meinungen und Ideologien per Algorithmus zu puschen und andere Meinungen herauszufiltern. Je polarisierter die Meinungen. desto besser ist es für die Plattform-Betreiber. Aber auch ohne Filter durch Faktenchecks stellt es für unsere Gesellschaft eine Gefahr dar. Allzu leicht lassen sich durch KI-Bots und anderen digitalen Techniken massenweise sehr gut generierte Falschinformationen die Plattformen überschwemmen, um uns zu manipulieren. 
Kommen wir aber zurück zum Thema KI.

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ChatGPT war nur der Anfang. Kurz darauf folgten Text-zu-Bild-Generatoren, die anhand von textuellen Beschreibungen als Eingaben (Prompts) unglaubliche Bildkompositionen kreierten. Täuschend echt wirkende Bilder von Personen, die es nicht gibt oder gab, sind besonders hervorzuheben. 

Auch im Bereich Sprachausgabe gab es einen enormen Qualitätssprung durch trainierte neuronale Netze. Anhand einer Fülle extrahierter Audio-Sprachdaten als Trainingsdaten für die KI klingen die generierten Stimmen wesentlich natürlicher in der Satzmelodie und der Betonung von Wörtern. 
Inzwischen finden die KI-Stimmen in unterschiedlichsten Anwendungsfällen Verwendung. Auch das Klonen der eigenen Stimme ist möglich. Problematisch wird es, wenn Trickbetrüger mittels Audio-Deepfakes Stimmen von Familienmitgliedern oder Freunden imitieren. Dabei erhalten sie von uns Stimmproben beispielsweise aus Sozial-Media-Profilen. Es reichen schon wenige Minuten. Erst vor Kurzem wurde in der lokalen Presse ein Fall publiziert. 

Noch einfacher ist das Klonen von Politikern und prominenten Personen, da  wesentlich mehr Trainingsmaterial existiert. In Kombination mit KI-generierten Videos kann dies zu gesellschaftlichen Herausforderungen führen. 
Aber auch für Berufsgruppen wie Schauspieler hat diese neue Technik starken Einfluss. Wenn sie einiger dieser KI-generierte Beispiel-Videos gesehen haben, verstehen sie bestimmt, warum viele Künstler auf der Straße demonstriert haben. Und das sind erst die ersten Generationen der KI-Tools. 

Inzwischen fragen sich manche Filmstudios: Müssen wirklich riesige Studios gebaut werden? Werden Sets in anderen Ländern wirklich benötigt?

Ebenso hat die Spracherkennung durch KI große Fortschritte erzielt, auch wenn es noch mit manchen Dialekten hapert. Eine lokale Sprachsteuerung beispielsweise kann eine großartige Art sein, sein Smart Home datenschutzfreundlich zu steuern. 

Inzwischen benötigt man für das Entwickeln und Einspielen eines Liedes nicht einmal mehr Musiker und Sänger, geschweige denn ein Musikstudio. Musik-KIs, die aus dem riesigen Fundus digitaler Musikstücke trainiert wurden, produzieren Musikstücke ebenso nach Text-Beschreibung. Dabei können auch Stimmen von Musikern und anderen Künstlern geklont werden. Noch ist die Qualität im Vergleich zu den Studioaufnahmen nicht ebenbürtig. 
Inzwischen versucht die Musik-Branche durch Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen die ansteigende Flut an KI-generierten Musikstücken einzudämmen. 

Aber nicht nur etwas Neues lässt sich mit Hilfe von KI generieren, sondern es lassen sich auch alte Aufnahmen restaurieren und die Qualität enorm verbessern. Nehmen sie einfach einmal ein altes Bild aus Ihrer Fotosammlung. 

Die oft kostenlosen KI-Tools laden förmlich zum experimentieren ein. Versuchen sie es einfach einmal. Nutzen sie die Gunst der Stunde, wenn nicht schon geschehen. 

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Nicht nur die Künstler-Branche wird umgekrempelt. Auch Büro-Jobs und Software-Entwicklung erfahren eine starke Veränderung. 

KI-Tools übernehmen immer mehr Routinearbeiten. Videokonferenzen können inzwischen automatisch mitprotokolliert werden. Sprachnachrichten werden in Text transkribiert. Längere Texte werden gekürzt, ohne dass wesentliche Aspekte unter den Tisch fallen. Mails werden nach Inhalt vorsortiert und an die entsprechende Verarbeitungsstelle weitergeleitet. Antworten werden automatisiert verfasst. Chat-KIs und Avatare versuchen autonom Fragen zu beantworten. In Echtzeit filtert die KI den Akzent des Callcenter-Mitarbeiters heraus, damit die Verständigung besser gelingen kann. 
Computerprogramme werden mittels KI-Assistenten generiert oder bei der Entwicklung unterstützt. 
Auch digitale Kleinstsysteme, wie zum Beispiel Hörgeräte, nutzen inzwischen KI-Funktionen, um beispielsweise Umgebungsgeräusche besser unterscheiden zu können. 
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der Möglichkeiten. Und noch gibt es viele Fehler und Probleme. 

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Eine Gattung der KI-Tools sollte man nicht außer Acht lassen: KI-Agenten.
Ein KI-Agent automatisiert komplexe Arbeitsabläufe und verfügen über Entscheidungsmechanismen. Dabei bedient er sich verschiedener Tools, um aktuelle Informationen zu bekommen, zerlegt komplexe Aufgaben in Teilaufgaben, zieht verschiedene Pläne in Betracht, speichert vergangene Interaktionen, lernt im Laufe der Zeit, um sich an die Erwartungen der Benutzer anzupassen. 

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Unsere Welt beginnt sich in vielen Bereichen wieder zu verändern. KI-Tools übernehmen immer komplexere Aufgabenstellungen. Organisationsaufgaben, die zuvor von Menschen durchgeführt wurden, können und werden in naher Zukunft von KI-Agenten ausgeführt, was unsere Arbeitswelt und unser Privatleben maßgeblich verändern wird. 

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Unsere Umgebung war schon immer im Wandel, allerdings nicht in dieser Geschwindigkeit und Häufigkeit. Viele Mitmenschen haben das Gefühl, nicht mehr hinterher zu kommen und wünschen sich in die Vergangenheit zurück. 

 

"Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten." (Zitat: Johann Wolfgang Goethe)

Wenn man über die Nachrichtenkanäle mitbekommt, wie stark Deepfakes und Fake-News zugenommen haben, die uns manipulieren und in die Irre führen, oder wie viele Menschen um ihre Jobs bangen, weil inzwischen auch komplexere Aufgaben von KIs übernommen werden können, ist man vielleicht nicht mehr so angetan von künstlicher Intelligenz. Jeder kann ein Deepfake-Opfer werden. Das Leben kann dann komplett auf den Kopf gestellt sein. Es ist kaum möglich sich vor dieser digitalen Gewalt zu schützen. 

Auf den ersten Blick vielleicht unproblematisch sind KI-Avatare, mit denen wir interagieren können. Allerdings verleiten sie uns aus einer Plauderlaune heraus, im Laufe der Interaktionen viele private Details über uns preiszugeben.
Das Handeln mit unseren Daten ist ein Geschäftsmodell. Es werden Profile von uns generiert und immer wieder aktualisiert. Durch die steigenden Analysefähigkeiten der KIs kommen wir dem "gläsernen Menschen" immer näher. Über die Social-Media-Plattformen machen wir es den Firmen sehr leicht. 

"Datenschutz? Ich habe doch nichts zu verbergen." 
Ein gern ausgesprochener Satz, wenn es darum geht, sich Gedanken über dieses Thema zu machen.
Wir haben verschiedene Rollen im Alltag. Bestimmte Details wollen wir nicht jedem preisgeben. Wir wollen selbst entscheiden, wer wann was über uns erfährt. Dies sollte völlig legitim sein. Privat- und Intimsphäre ist ein hohes Gut. Legen wir zu viele Details von uns offen, machen wir uns manipulierbar und erpressbar.
Kippt ein Land von der Demokratie in die Autokratie, wie wir es anscheinend gerade wieder erleben, können die einzelnen verteilten Daten von gekaperten Servern von Mitarbeitern der Regierung, die es von uns gibt, zentralisiert und von KIs ausgewertet werden. 
Nicht auszudenken, nach welchen Kriterien Personen auf diverse Listen kommen, um sie auszugrenzen, zu stigmatisieren oder schlimmeres. Dann ist vermutlich Vielfältigkeit, die unsere Gesellschaft weiter voranbringt, weil wir von den verschiedenen Blickwinkeln und Fähigkeiten Anderer profitieren, nicht mehr erwünscht und wird verfolgt. 

In der EU versucht man durch neue Regeln den Gefahren der KI zu begegnen, während die USA Regeln aktuell abbaut. 

Dies kann die Einführung von flächendeckender KI-Gesichtserkennung begünstigen und das Missbrauchspotential maximieren. 

Aber auch die steigenden Abhängigkeiten von den großen KI-Firmen stellt eine ernstzunehmende Gefahr dar, vor allem, wenn sie auch die Sozial-Media-Plattformen beherrschen. 

Was ist mit den Datenlecks, die ihren Weg in die KIs finden? Unsere Gesundheitsdaten wecken hohe Begehrlichkeiten. Aber sind sie wirklich so extrem gut geschützt, wie es nötig wäre? 

Haben wir die Büchse der Pandora geöffnet?

 

Die riesige KI-Welle rollt auf uns zu und dies global. KI ist unserer Welt angekommen, um zu bleiben. Es ist kein kurzfristiger Hype, der wieder verschwinden wird. Wir können das Beste daraus machen und die neuen Möglichkeiten nutzen, oder wir verschenken das Potential und fallen in der Entwicklung gegenüber anderen Ländern zurück. 

Angst ist jedenfalls ein schlechter Lehrmeister. Wir haben schon die Digitalisierung in vielen Bereichen verschlaffen, mit der künstlichen Intelligenz darf es sich nicht wiederholen. Es wurde schon immer versucht Menschen mit Falschinformationen zu manipulieren, doch mit KI und der schnellen Verbreitung über Social-Network-Plattformen war es noch nie so leicht, so viele Menschen zu erreichen.

Die technischen Entwicklungen schreiten immer schneller voran. Die nächste Generation der KI wird unser Leben noch stärker beeinflussen:
Künstliche allgemeine Intelligenz.
Sehr gut möglich, dass wir zuvor aber einen "technischen Katalysator" benötigen, der  in einem ganz anderen Bereich einen wichtigen Fortschritt erzielt, der für die Weiterentwicklung der KI notwendig ist. 

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Und zum Schluss stelle ich mir die Frage: Wird es in der KI-Zukunft immer noch so viele Formulare geben?!